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Was sucht das Thema Digitalisierung im Theater?

Im Theater ist das Thema Digitalisierung schon lange angekommen, auch wenn man auf den ersten Blick bei Theater nicht an Digitales denkt, sondern an von Menschen gemachte Bühnenkunst, die empathisch und emotional ist und offline stattfindet. Hinter den Kulissen bei der Theatertechnik sieht das ganz anders aus: Die Abläufe von Licht und Ton sind programmiert und laufen mithilfe von Software digital steuerbar ab. Auch als Mittel des Ausdrucks ist das Digitale im Theater nicht mehr wegzudenken, Video Projektionen, Live-Schaltungen, Avatare, Skype Gespräche, GPS-Steuerung, Video Mapping, das alles hat in Inszenierungen Eingang gefunden und hat das Theater in seinem Ausdruckskanon erweitert und bereichert.

Meine leidenschaftliche Überzeugung, dass Theater die schönste aller Kunstformen ist, entsteht hingegen durch das menschliche Durchscheinen der vielen Facetten der menschlichen Gefühls- und Wahrnehmungswelt – immer wieder neu in Aufführungen, die ich erlebe. Die Kraft von Sprache, Musik und Bildern, aber vor allem die Situation der Gleichzeitigkeit von Darstellung und Erleben macht das Theater einzigartig. Ich sitze als Zuschauerin im gleichen Raum wie die Menschen, die mir etwas vorspielen, etwas erzählen oder mich für eine begrenzte Zeit mit unterschiedlichen Mitteln in eine andere Welt entführen. Im Theater ist mein Erleben direkt, so wie die Darbietung der Schauspieler/innen, auf deren Erzählung ich mich einlasse. Die Behauptung des Hier und Jetzt: Ich kann lachen, nachdenklich werden, erschrecken oder auch mal im Dunkel des Zuschauerraumes eine Träne zulassen. Und obwohl ich weiß, dass das Schauspiel mir etwas vorspielt, dass die Darsteller auf der Bühne Gefühle und Handlungen zigfach reproduzieren können und das auch tun, lasse ich mich gerne täuschen und gehe, ohne darüber nachzudenken davon aus, dass das genau jetzt in diesem Moment nur für mich und die anderen Zuschauer*innen im Raum geschieht. Was für eine wunderbare Illusion!

Diese Erzeugung von Illusion, der Glaube daran, dass alles möglich erscheint, hat das Theater mit der Öffnung durch die digitalen Medien gemeinsam. Wir haben den Eindruck, auf der ganzen Welt gleichzeitig sein zu können, da die Wege der Kommunikation und das Verfolgen von Nachrichten so viel einfacher geworden sind und uns eine immense Fülle von Texten, Bildern und Videos aus der ganzen Welt permanent zur Verfügung steht. Bildung und Reisen haben sich stark verändert. Das dadurch entstehende Lebensgefühl nehmen wir an, ohne es zu reflektieren und haben doch als Einzelne sowie als Gesellschaft die Aufgabe, die Veränderungen nicht nur hinzunehmen oder als Veränderung zu begrüßen, sondern sie positiv zu gestalten, kritisch zu hinterfragen und neue Regelwerke aufzustellen.

Und die Digitalisierung als Thema im Theater? Ist längst überfällig: Denn wo sonst haben wir die Möglichkeit, spielerisch und voller Fantasie auf den Ist-Zustand der Gesellschaft zu schauen und ihn zu reflektieren, Visionen und Ideen zu entwickeln und sie mitzuteilen, nicht zu Ende gedachte Gedanken auszusprechen, ohne dass sie gleich bewertet werden oder Konsequenzen haben, Kritik zu üben, Neues zu wagen, Fragen zu stellen?

Die Einzigartigkeit des Menschseins und der menschlichen Gefühle, Erlebnisse und Erfindungen ist etwas, das die Künstliche Intelligenz trotz all ihrer Fähigkeiten nicht ersetzen kann. Und auch wenn das Theater durch KI und neue Techniken die Möglichkeit hat, seine Ausdrucksformen zu revolutionieren oder mit intelligenteren inhaltlichen, technischen oder ästhetischen Lösungen zu überraschen, bleibt immer der Standpunkt und die Ideen der Menschen dahinter der wichtigste und interessanteste Aspekt.

Auf eine gemeinsame Zukunft von Theater und Digitalem! Analog und online! Mit kritischem Menschenverstand und ungezügeltem Fortschrittsglauben!

Als Produktionsleiterin von Work Replace 4.0 hat mich das Digitale und das ungewöhnliche Theaterformat zu besonderen Herausforderungen geführt: Wer fördert oder sponsort ein Theaterstück, dessen Umsetzung man sich in der Praxis schwer vorstellen kann? Wie sieht das aus? Was soll das sein? Ist das überhaupt Theater? Und wozu eine App und Handys? Aus meiner Erfahrung mit ähnlich konstruierten Projekten mit dem Regiekollektiv Rimini Protokoll aus Berlin sind mir diese Fragen vertraut und es fällt mir nicht schwer, darauf Antworten zu finden. Aber in diesem Fall hat das nicht dazu geführt, dass die Produktion gut finanziert ist, es fehlt uns weiterhin an Unterstützung, v.a. für geplante Wiederaufnahmen, bis wir 2022 im Rahmen der Heimattage in Offenburg aufführen werden. Unsere Vision ist, dass wir das Stück an verschiedenen Orten von alter Fabrik bis modernster Produktionshalle zeigen können. Dafür benötigen wir weiterhin finanzielle Unterstützung, denn der Aufbau und die Einrichtung der Räume und die Vorstellungen sind sehr aufwändig. Mithilfe einer Leihgabe von Rimini Protokoll können wir unserem Publikum für die erste Aufführungsserie Handys zur Verfügung stellen, denn unser Ziel, dass die App auf jedem x-beliebigen mitgebrachten Handy zuverlässig synchron mit 70 weiteren Handys von Zuschauern läuft, konnten wir in der Kürze der Zeit mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ohne Weiteres realisieren. Für die Wiederaufnahmen haben wir dafür noch keine Lösung und sind auf Zuwendungen angewiesen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Herausforderung lösen werden, vielleicht mit Ihrer Unterstützung!

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